[Santiago de Chile/Chile] Am Wochenende durften die seit 34 Tagen in 700 Metern eingeschlossenen Arbeiter der San José Mine in Chile das neue Übertragungssystem für ein kurzes Gespräch mit ihren Familienangehörigen nutzen. Ein Segen für die Männer, deren Rettung noch bis zu vier Monate dauern kann.
Carlos Parra Diaz, Pastor der Siebenten-Tags-Adventisten im Bezirk Copiapo, ließ den Eingeschlossenen mit Zustimmung des chilenischen Bergbauministers Laurence Golborne 33 Miniaturbibeln zukommen. Die ca. 8×12 cm großen Bücher wurden den Transporthülsen (Tauben) des Versorgungssystems angepasst. Jede Bibel war mit dem Namen eines Minenarbeiters und einer persönlichen Widmung versehen. Da chilenische Bergleute meist nicht nur fromm, sondern auch kräftige Raucher sind und nach Zigaretten gieren, haben Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums auch noch Nikotinpillen in die Tauben gepackt.
In seinen täglichen Berichten, die auf Bild.de veröffentlicht werden, schreibt der neunzehnjährige Jimmy Sanchez: „Ich glaube, Gott ist uns ganz nah, und ich habe ihn gebeten, dass er uns schnell herausholt. Er hat uns beschützt, und ich schulde ihm mein Leben. Dankt bitte dem Pastor, der mir eine Bibel geschickt hat.“
Jeder Miniaturbibel wurde ein Vergrößerungsglas beigelegt, um das Lesen zu erleichtern. Aus dem 40. Psalm sind die Verse 2 und 3 hervorgehoben: „Ich harrte des Herrn, und er neigte sich zu mir und hörte mein Schreien. Er zog mich aus der grausigen Grube, aus lauter Schmutz und Schlamm, und stellte meine Füße auf einen Fels, dass ich sicher treten kann.“
Der Gesundheitsminister, der Bergbauminister und die Familien der Bergarbeiter, die sich am “Camp Hope” (Hoffnungslager) aufhalten, erhielten von den Siebenten-Tags-Adventisten ebenfalls eine Bibel. Nachdem Carlos Parra Diaz mit den Angehörigen Andachten und Gebetsstunden durchgeführt hat, ist der adventistische Pastor gewissermaßen zum Camp-Geistlichen geworden. Er kümmert sich seelsorgerlich um die Rettungskräfte und wird sie und die Bergarbeiter nach deren Befreiung weiterhin begleiten.
Inzwischen haben die Adventisten auf dem Minengelände eine geistliche Beratungsstelle für die kampierenden Familien eingerichtet.
Die seit dem 5. August Verschütteten hatten sich zunächst in den Schutzraum eines fast zwei Kilometer langen Stollenstücks zurückgezogen, in dem auch Minimalvorräte gebunkert waren. Die Bergleute befinden sich zwischen dem tiefsten Punkt der Gold- und Kupfermine und dem Einbruch des Gesteins, das zusammen mit einem 700 000 Tonnen schweren Felsen in Bewegung geriet und den Fluchtweg abschnitt. Mittlerweile haben die Männer den Schutzraum wegen der Feuchtigkeit verlassen und halten sich in drei voneinander abgegrenzten Abschnitten des vier bis fünf Meter hohen und breiten Tunnels auf. Ein entfernter Abschnitt ist die Toilette, in einem anderen Trakt wird geschlafen. In einem dritten versammeln sie sich, um zu beten, zu essen und sich die Zeit zu vertreiben.
Menschen aus aller Welt nehmen am Schicksal der Eingeschlossenen teil und muntern sie auf. Am Wochenende sprachen vier Uruguayer den Minenarbeitern Mut zu. Sie hatten 1972 den Absturz ihres Flugzeugs in den Anden überlebt. Der Nasa-Stabsarzt Dr. Michael Duncan entwarf einen Trainingsplan für die Kumpel. Untätigkeit und Depressionen könnten sonst zu großen Spannungen unter den Eingeschlossenen führen. (EANN)